Diese 13 steuerlichen Erleichterungen sind 2022 geplant

By kienerege_admin, Allgemein, Kanzlei News

Wegen steigender Energie- und Spritpreise plant die Bundesregierung rückwirkend zum 1. Januar 2022 zahlreiche steuerliche Erleichterungen. Was genau in Arbeit ist? Hier ein Überblick.

1. Höherer Grundfreibetrag 2022

Im Entwurf des Steuerentlastungsgesetzes 2022 ist die Anhebung des Grundfreibetrags 2022 von derzeit 9.984/­19.968 Euro (Ledige/zusammenveranlagte Ehegatten) auf 10.347/20.694 Euro vorgesehen – und zwar rückwirkend zum 1. Januar 2022. Das bedeutet: Liegt das zu versteuernde Einkommen nicht über dem neuen Grundfrei­betrag, werden keine Steuern fällig. Steuerzahler, deren Einkommen über dem Grundfreibetrag liegt, werden ­steuerlich entlastet. Damit möchte die Bundesregierung einen Ausgleich zur Inflation und zu den hohen Sprit- und Energiekosten schaffen. Gut zu wissen: Bei Ermittlung der Steuerabzüge vom Arbeitslohn wird dieser Grundfreibetrag bereits erfasst.

2. Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags

Arbeitnehmer sollen zusätzlich steuerlich entlastet werden. Dazu soll der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von derzeit 1.000 auf 1.200 Euro angehoben werden. In Höhe dieses Arbeitnehmer-Pauschbetrags zieht das Finanzamt bei jedem Arbeitnehmer automatisch Werbungskosten ab, selbst dann, wenn gar keine Werbungskosten beantragt werden. Bei Ermittlung der monatlichen Lohnsteuer, die vom Arbeitslohn abgezogen wird, ist dieser Arbeitnehmer-Pauschbetrag bereits berücksichtigt.

3. Neuberechnung der Lohnsteuer 2022

Da der höhere Grundfreibetrag und der höhere Arbeitnehmer-Pauschbetrag rückwirkend ab 1. Januar 2022 gelten sollen, wurde bei Auszahlung von Arbeitslohn in den ersten Monaten des Jahres 2022 zu viel Lohnsteuer, zu viel Kirchensteuer und bei Besserverdienern zu viel Solidaritätszuschlag vom Arbeitslohn einbehalten und ans Finanzamt abgeführt. Müssen Sie als Arbeitgeber zu hoch abgeführte Lohnsteuer erstatten? Die Antwort auf diese Frage lautet ja, zumindest dann, wenn Sie Ihre Lohnabrechnung über ein elektronisches Lohnabrechnungsprogramm abwickeln und dieses Programm eine rückwirkende Korrektur ermöglicht. Das kann dem Hinweis zum Gesetzesentwurf zum Steuerentlastungsgesetz entnommen werden (Bundestags-Drucksache 20/1333 vom 05.04.2022).

4. Wahlrecht oder Pflicht zur Neuberechnung?

Besteht hier wirklich eine Verpflichtung (Punkt 3)? Denn in § 41c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steht lediglich, dass ein Arbeitgeber dazu „berechtigt“ ist, die Lohnsteuer bei einer Gesetzesänderung neu zu berechnen. Von Pflicht steht hier nichts. Leider doch. Die Verpflichtung steht in Satz 2 dieser Vorschrift. Der bisher vorgenommene Lohnsteuerabzug 2022 ist grundsätzlich zu korrigieren, wenn Ihnen das als Arbeitgeber – was die Regel sein dürfte – wirtschaftlich zumutbar ist. Und das ist jedenfalls in den Fällen zu bejahen, in denen eben ein elektronisches Buchhaltungsprogramm verwendet wird. Das wiederum kann einer Bundestags-Drucksache aus dem Jahr 2009 entnommen werden, deren Grundsätze noch anzuwenden sind (Bundestags-Drucksache 16/11740 vom 27.01.2009).

5. Wann muss die Lohnsteuerkorrektur vorgenommen werden?

Hier empfiehlt es sich, abzuwarten, bis der Hersteller Ihres elektronischen Lohnsteuerberechnungsprogramms grünes Licht gibt. Denn aktuell ist die rückwirkende Anhebung des Grundfreibetrags nur eine Planung. Dass es die Bundesregierung mit der Anhebung des Grundfreibetrags ernst meint, verdeutlicht der Entwurf eines Schreibens des Bundesfinanzministeriums für „Geänderte Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug 2022“ vom 30. März 2022. Das bedeutet: Die Softwarehersteller arbeiten bereits an der Umstellung der Lohnsoftware und werden Sie zeitnah informieren, wenn ein Update aussteht.

6. Art und Weise der Neuberechnung des Lohnsteuerabzugs

Weder das Einkommensteuergesetz noch das Finanzamt können Ihnen vorschreiben, in welcher Art und Weise Sie die Lohnsteuerkorrektur vornehmen. In der Bundestags-Drucksache 20/1333 zum Jahressteuergesetz finden sich drei Korrekturvarianten:

  1. Sie ändern die Lohnsteueranmeldungen der vorangegangenen Monate und erstatten dem Arbeitnehmer die zu viel einbehaltenen Steuern.
  2. Sie führen eine Differenzberechnung durch. Das bedeutet: Sie verrechnen die Erstattung und die fällige Lohnsteuer ab dem Zeitpunkt, an dem das Steuerentlastungsgesetz 2022 in Kraft tritt, und führen nur den Differenzbetrag ans Finanzamt ab.
  3. Es erfolgt eine Erstattung im Rahmen der Berechnung der Lohnsteuer für einen demnächst fälligen sonstigen Bezug.

Welche Variante sich bei Ihnen anbietet, hängt von der Anzahl der Mitarbeiter und vom genutzten Lohnabrechnungsprogramm ab und sollte mit Ihrem Steuerberater besprochen werden.

7. Wann besteht keine Verpflichtung zur Korrektur?

Eine Verpflichtung zur Korrektur des Lohnsteuerabzugs besteht nicht, wenn Sie kein elektronisches Lohnabrechnungsprogramm nutzen oder wenn das Arbeitsverhältnis zu einem Mitarbeiter bei Inkrafttreten des Steuerentlastungsgesetzes 2022 nicht mehr besteht (zum Beispiel wegen Kündigung oder Ruhestand). In diesen Fällen muss der Mitarbeiter selbst aktiv werden, um die zu viel einbehaltenen Steuern zurückzubekommen. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten.

  1. Der Mitarbeiter wendet sich an das Finanzamt, das für die Bearbeitung der Lohnsteueranmeldung zuständig ist („Betriebsstättenfinanzamt“), und beantragt eine Korrektur der Lohnsteueranmeldungen von Amts wegen.
  2. Die in der Praxis wohl gängigste Variante wird die Abgabe einer Steuererklärung 2022 sein. Im Steuerbescheid wird dann die zu viel bezahlte Steuer ermittelt und erstattet.

8. Energiepauschale von 300 Euro

Alle Erwerbstätigen sollen einmalig eine Energie-Pauschale von 300 Euro bekommen. Die Zahlung werde mit dem Gehalt überwiesen. Kleiner Wermutstropfen: Die Energiepauschale ist einkommensteuerpflichtig. Das bedeutet: Je nach Höhe des Verdienstes kommt nur ein Teil der 300 Euro im Geldbeuten an. Die Umsetzung, wie der Arbeitgeber an die an Mitarbeiter ausbezahlte Pauschale kommt, ist noch unklar. Klar ist, dass nur Arbeitnehmer der Steuerklasse 1 bis 5 profitieren.

Wichtig: Die Energiepauschale von 300 Euro gibt es „on top“. Die Entfernungspauschale, die Arbeitnehmer für Fahrten zur Arbeit als Werbungskosten abziehen dürfen, mindert sich dadurch nicht. Die Energiepauschale ist lohnsteuerlich auch unschädlich, wenn der Arbeitgeber bereits einen steuerfreien Tankgutschein im Wert von 50 Euro im Monat oder ein Jobticket spendiert. Auch Selbstständige müssten als Erwerbstätige von der Energiepauschale profitieren. Doch auch hier fehlen konkrete Aussagen zur Umsetzung.

9. Einmalige Kinderzulage

Haben Eltern für ihre Kinder noch Anspruch auf Kindergeld, soll es für jedes Kind einen Zuschuss von 100 Euro geben. Dieser wird jedoch auf den Kinderfreibetrag angerechnet. Das bedeutet: Reichen Eltern eine Steuererklärung beim Finanzamt ein, die zu den Besserverdienern gehören, und zieht das Finanzamt deshalb vom zu versteuernden Einkommen einen Kinderfreibetrag ab, verpufft diese einmalige Kinderzulage. Es profitieren von der Kinderzulage von 100 Euro je Kind also nur Geringverdiener.

10. Entfernungspauschale ab dem 21. Kilometer

Im Steuerentlastungsgesetz 2022 ist vorgesehen, dass die Entfernungspauschale, die Arbeitnehmer als Werbungskosten abziehen dürfen, sich ab dem 21. Entfernungskilometer von derzeit 35 Cent auf 38 Cent erhöht. Diese Änderung soll rückwirkend ab dem 1. Januar 2022 gelten. Hat ein Arbeitnehmer bereits einen Lohnsteuerfreibetrag 2022 beim Finanzamt beantragt und möchte nun einen höheren Freibetrag, klappt das nur, wenn die Erhöhung mindestens 200 Euro beträgt. Die höhere Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer greift auch für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung. Hintergrund: Bei doppelter Haushaltsführung mietet ein Steuerzahler eine Zweitwohnung am Beschäftigungsort an und kann die Unterkunftskosten sowie wöchentliche Heimfahrten als Werbungskosten beziehungsweise Betriebsausgaben geltend machen.

11. Mobilitätsprämie auch für Selbstständige

Steuerzahler, deren zu versteuerndes Einkommen unter dem Grundfreibetrag liegt, können bei einem Arbeitsweg von mehr als 20 Kilometer durch die höhere Entfernungspauschale 2022 eine höhere Mobilitätsprämie beantragen. Hier profitieren nicht nur geringverdienende Arbeitnehmer, sondern alle Steuerzahler – auch Unternehmer – deren zu versteuerndes Einkommen unter dem Grundfreibetrag liegt und die täglich mehr als 20 Kilometer (einfache Strecke) zur Arbeit pendeln. Wichtig zu wissen: Die Mobilitätsprämie kann erstmals ab 2021 beantragt werden.
Je nachdem, welche Einkünfte erzielt werden, sind zur Ermittlung der Mobilitätsprämie folgende Angaben erforderlich:

Arbeitslohn: Wer nur Arbeitslohn erzielt hat, muss im Mantelbogen zur Einkommensteuer bei „Festsetzung der Mobilitätsprämie“ ein Kreuzchen setzen, in der Anlage „Mobilitätsprämie“ nur die Zeilen 4 und 5 ausfüllen. Angaben zu den Fahrten zur Arbeit oder zu Familienheimfahrten anlässlich einer doppelten Haushaltsführung werden in der Anlage N gemacht. Zusammenveranlagte Ehegatten geben nur eine Anlage „Mobilitätsprämie“ ab.

Andere Einkünfte: Werden gewerbliche Einkünfte erzielt, ist ebenfalls am Mantelbogen anzukreuzen „Festsetzung der Mobilitätsprämie“. Die Angaben zu den begünstigten Fahrten sind in der Anlage „Mobilitätsprämie“ zu machen.

12. Absenkung der Energiesteuer für drei Monate

Die Bundesregierung plant, die Energiesteuer für Kraftstoffe für drei Monate abzusenken. Die Tankstellenbetreiber sollen dies 1:1 an Kunden weitergeben. Dadurch ergäben sich folgende Einsparungen: Benzin um 29,55 Cent/Liter, Diesel um 14,04 Cent/Liter, Erdgas (CNG/LNG) um 6,16 Cent/kg, Flüssiggas (LPG) um 12,66 Cent/Liter.

13. Billig-Tickets für öffentliche Verkehrsmittel

Für 90 Tage plant die Bundesregierung die Einführung von Billigtickets für öffentliche Verkehrsmittel im Nahverkehr. Das Ticket soll neun Euro pro Monat kosten. Sollten Arbeitnehmer dieses Angebot nutzen und für drei Monate öffentlich zur Arbeit pendeln, ändert sich steuerlich beim Werbungskostenabzug übrigens nichts. Die Entfernungspauschale für die Fahrten zur Arbeit beträgt weiterhin 30 Cent für die ersten 20 Kilometer (einfache Strecke) und die geplanten 38 Cent ab dem 21. Entfernungskilometer. Dass die Entfernungspauschale deutlich über dem Ticketpreis liegt, ist unerheblich.